MEHR ALS ZWEI NOTEN
Bach-Collegium unter Oksana Lyniv im Herkulessaal
Süddeutsche Zeitung| 22.11.2018 <link file:4211 download file>download
Das ist sie, eine Maestra. Wenn Oksana Lyniv, ehemals Assistentin von Kirill Petrenko, vor dem Orchester steht, kann ihr kein Lapsus passieren, so scheint es. Mit minimalen, symmetrischen Bewegungen organisiert sie den Klang. So spielt das Bach-Collegium Schuberts achte Symphonie auch: glasklare Sechzehntel am Anfang, intelligente Phrasierung, sorgfältig gestaltete Mittelstimmen, kontrolliertes Vibrato. …
Nach diesem Blick ins Herbarium überzeugt das ohnehin klangfarbensensible Spiel von Ran Jia doppelt. Mozarts Klavierkonzert Nummer 18 B-Dur, KV 456 wird bei der chinesischen Pianistin zur Lebenserzählung. Jia hat verstanden, dass ein Triller mehr ist als zwei Noten, die sich so schnell wie möglich abwechseln. Jede Verzierung hat einen Sinn, jede Stelle ihre Farbe. Der langsame Satz ist ein Wunder - an Anschlagskultur, aber auch an Atmosphäre. Mühelos reagiert Jia auf die abrupten Stimmungswechsel. Die Moll-Eintrübungen bleiben im Gedächtnis. Beinahe ideales Gleichgewicht zwischen Innen und Außen, kammermusikalischer Intimität und virtuoser Spielbrillanz finden Jia und La Marca in Beethovens Tripelkonzert für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester, verstärkt durch Markus Wolf. ...
Die Ukrainerin Oksana Lyniv, zunächst Assistentin von Kirill Petrenko in München, ist diese Ausnahmekarriere gelungen: Seit Herbst 2017 ist sie Chefdirigentin an der Oper Graz.